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Mitarbeiter als Markenbotschafter – Teil 2: Haftungsrisiken und Kennzeichnungspflichten

influencer
Der Einsatz von sog. Corporate Influencern, also von Beschäftigten, die auf Social-Media-Kanälen (Xing, LinkedIn, Instagram oder Facebook) für das eigene Unternehmen werben, ist mittlerweile weit verbreitet und fester Bestandteil der Marketingstrategie. Unter rechtlichen Gesichtspunkten ist der Einsatz von Corporate Influencern aber für Unternehmen alles andere als unbedenklich, bergen die Postings der Beschäftigten durchaus nicht unerhebliche Haftungsrisiken.
Wir geben Ihnen in unserem zweiten Teil der Blogserie einen Überblick darüber, zu welchen Themen vor allem die Marketingabteilung sensibilisiert werden sollte und wie der Einsatz von Corporate Influencern im Ergebnis rechtsicher erfolgen kann.

Blogserie: Arbeitswelt 4.0

Unsere Arbeitswelt hat sich in den vergangenen Jahren so rasant verändert wie noch nie zuvor. Was bedeutet dies aber für die Verantwortung der Unternehmen und ihrer Entscheider?

Autor dieses Beitrags

Dr. Björn
Braun, LL.M.


I.

Haftungsrisiken beim Einsatz von Corporate Influencern

Neben (Schmäh-)Kritik an den Inhalten eines Postings, die sich nie gänzlich ausschließen lässt, laufen Corporate Influencer aber auch Gefahr, bei ihren Postings gesetzliche Regelungen im Urheberrechtsgesetz (UrhG), im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und im Telemediengesetz (TMG) zu verletzen, da deren Regelungsgehalt oftmals nicht bekannt und auch keine ausreichende Sensibilisierung bei den handelnden Personen besteht. Da die Rechtsfolgen vor allem Unternehmen zum Teil sehr hart treffen können, wird nachstehend auf einige übliche und risikobehaftete Handlungen hingewiesen:

1. Verstöße gegen das Urheberrecht


Wie schnell Verstöße gegen das Urheberrecht mit daraus folgenden Unterlassungs- und Entschädigungsansprüchen sowie Geldstrafen entstehen können, zeigt der Fall, wenn Beschäftigte ein von einem Dritten veröffentlichtes Bild weiterverbreiten, ohne den Dritten zu benennen. Regelmäßig liegt hierin bereits ein Verstoß gegen die Pflicht zur Urheberbezeichnung. Nimmt der Arbeitnehmer darüber hinaus auch noch Veränderungen an dem Bild vor, kann dies schon eine urheberrechtlich geschützte sog. Entstellung des Werkes bedeuten.
Auch alltägliche Handlungen auf Social-Media, wie etwa das „Teilen“ von Beiträgen anderer Social-Media-Nutzer, können rechtlich problematisch sein, da der Inhalt der Beiträge den Beschäftigten zugerechnet werden kann, sofern nicht nur auf den Inhalt des Beitrags hingewiesen, sondern sich dieser zu Eigen gemacht wird, z.B. durch positives Kommentieren oder „Liken“.
Die vorbenannten Handlungen stellen aber nicht nur für die Beschäftigten selbst ein Haftungsrisiko dar, sondern auch für das Unternehmen, welches ebenfalls für die Handlungen ihrer Beschäftigten haftet. Dabei sieht das Urhebergesetz auch eine generelle Haftung des Unternehmens für Verstöße seiner Beschäftigten vor. Es kommt für die Haftung noch nicht einmal darauf an, ob das Unternehmen Kenntnis von dem konkreten Beitrag hatte.
Ebenso schnell können Beschäftigte gegen das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KunstUrhG) verstoßen, indem sie beispielsweise Bildnisse ohne die Einwilligung des Abgebildeten verbreiten oder öffentlich zur Schau stellen. Ein entsprechender Verstoß gegen die §§ 22, 23 KunstUrhG kann mit einer Geldstrafe oder mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geahndet werden.

2. Arbeitszeitverstöße


Unbedingt zu klären ist, ob es sich beim Erstellen von Postings, Stories etc. seitens eines Corporate Influencer um eine Arbeitsverpflichtung handelt. Ist dies der Fall, so muss selbstverständlich auch das Arbeitszeitgesetz berücksichtigt werden. Dabei sind insbesondere die Einhaltung der Mindestruhezeit von 11 Stunden und die maximale Arbeitszeit zu beachten, da entsprechende Verstöße hiergegen Bußgelder von bis zu EUR 30.000,00 nach sich ziehen können. Sollten die Verstöße sich wiederholen, so kommt sogar eine Freiheits- oder Geldstrafe in Betracht.

3. Unlautere Werbung durch nicht gekennzeichnete Postings?


Von großer Praxisrelevanz ist die Frage, inwieweit private und berufliche Postings auf Social-Media-Kanälen als Werbung gekennzeichnet werden müssen, wenn diese auch mittelbar dem Unternehmen zugutekommen. Selbst Postings mit informativem Charakter können dem „Kennzeichnungsgebot“ unterfallen, nach dem der rein werbende Teil des Beitrags als solcher kenntlich zu machen und von den übrigen (redaktionellen) Inhalten zu trennen ist („Trennungsgebot“).
Gerade im Bereich der Corporate Influencer ist das Verbot von Schleichwerbung unbedingt zu beachten. Nach § 5a Abs. 6 UWG muss der kommerzielle Zweck einer geschäftlichen Handlung eindeutig erkennbar sein, wenn der Verbraucher andernfalls zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst werden könnte, die er sonst so nicht getroffen hätte. Verstöße gegen das Verbot der Schleichwerbung können sowohl Unterlassungs- als auch Beseitigungsansprüche sowie solche auf Schadensersatz und Gewinnabschöpfung begründen.
Dabei ist es in der Praxis gerade bei berufsbezogenen Netzwerken wie LinkedIn oder XING extrem schwierig, zwischen kommerziellen und nichtkommerziellen Inhalten von Beiträgen zu differenzieren. Dies liegt daran, dass unter Werbung grundsätzlich jedes absatzfördernde Verhalten verstanden wird, und damit nahezu alle Beiträge mit Bezug zum Arbeitgeber oder sogar einer entsprechenden Verlinkung (z.B. #Arbeitgeber) geeignet sind, die hiermit verbundenen Rechtsfolgen auszulösen. Entsprechende Rechtsprechung, die diesbezüglich Rechtsklarheit schaffen würde, existiert bislang noch nicht. Der kommerzielle Charakter eines Beitrags wird aber regelmäßig damit hervorgerufen, wenn dem Corporate Influencer zuzüglich zu seinem normalen Arbeitsentgelt weitere Gegenleistungen zuteilwerden. Dabei lösen bereits geringwertige Zuwendungen eine Indizwirkung aus, dass hinter dem Beitrag eine kommerzielle Absicht steckt. In diesem Zusammenhang spielt es keine Rolle, ob das Social-Media-Profil die Beschreibung „privat“ oder sogar „Corporate Influencer“ beinhaltet.
Auch wenn ohne einschlägige Rechtsprechung eine finale rechtliche Bewertung schwierig ist, dürften im Ergebnis Beschäftigte, die ab und zu Beiträge auch über ihr Unternehmen posten, nicht von der Kennzeichnungspflicht betroffen sein, solange diese nicht offenkundig einen werbenden Charakter haben. Feststehen dürfte lediglich, dass Corporate Influencer, bei denen das Posten von Beiträgen Teil ihrer Arbeitsleistung ist, definitiv die Kennzeichnungspflicht einhalten müssen. Hierunter fallen in aller Regel Beschäftigte der Marketingabteilung oder auch Vertriebler, die regelmäßig über Produkte des Arbeitgebers berichten oder Mitarbeiter bei denen das Posten als Teil der Arbeit in ihr Tätigkeitsprofil ausdrücklich aufgenommen wurde.
Wer ganz sicher gehen will, verbindet ein Posting mit einem Hinweis wie „Werbung oder Anzeige“, verliert dadurch aber zugleich einen Teil von Sinn und Zweck von Corporate Influencer Postings, da diese sich gerade durch ihre Authentizität auszeichnen und eben nicht als verlängerter Arm der Marketingabteilung des Unternehmens wahrgenommen werden sollen.
Für die Unternehmen stellen Postings, in denen der werbliche Charakter nicht kenntlich gemacht wurde, dann ein Problem dar, wenn angenommen wird, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer entsprechend zu dem Posting veranlasst hat oder das Posting ihm zumindest nach den Grundsätzen der Beauftragtenhaftung (§ 8 Abs. 2 UWG) zuzurechnen ist. In diesem Fall liegt auch ein Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht vor. Um einem solchen Verstoß vorzubeugen, ist es unumgänglich, dass der Corporate Influencer seine Postings zumindest mit konkreten Hinweisen wie beispielsweise „mein Arbeitgeber“ oder „das von unserem Unternehmen entwickelte Produkt“ versieht. Damit ergibt sich die Zugehörigkeit zum Unternehmen, über das geschrieben wird, aus dem Posting selbst und der kommerzielle Zweck ist für Dritte auch erkennbar. Dabei sollte der Hinweis auf die Unternehmenszugehörigkeit zum Zwecke der unmittelbaren Erkennbarkeit des kommerziellen Zwecks nicht versteckt am Ende des Postings, z.B. in einer sog. „Hashtagwolke“ erfolgen. Auch die Verwendung von Hinweisen in englischer Sprache wie „sponsored by“ ist nicht ausreichend zur Kennzeichnung von Werbeposts.

II.

Ausblick: Social-Media-Guidelines

Wie Unternehmen den Haftungsrisiken durch Implementierung sogenannter Social-Media-Guidelines effektiv begegnen können, welche Kommunikation mit der Belegschaft sinnvoll ist und inwieweit auch Betriebsräte einzubinden sind, werden wir im dritten Teil unserer Blogserie beleuchten.

Küttner Blogserie Arbeitswelt 4.0

Entdecken Sie weitere Beiträge zum Thema Arbeitsrecht 4.0 in unserer Blogserie.

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