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Verkürzte Kündigungsfristen für Fremdgeschäftsführer

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I. Worum geht's?

Das Amt des Geschäftsführers einer GmbH ist mit erheblichen Befugnissen verbunden. Der Geschäftsführer vertritt die Gesellschaft nach außen, ist der Kopf der GmbH und damit die zentrale Figur dieser Gesellschaftsform, der eine besondere Vertrauensstellung zukommt. Ist dieses Vertrauen einmal zerrüttet, hat die Gesellschaft ein gesteigertes Interesse daran, schnellst möglichst alle vertraglichen Beziehungen mit ihrem Geschäftsführer zu beenden. In der Gesetzgebung ist dem dadurch Rechnung getragen, dass die Kündigung des GmbH-Geschäftsführers gemäß § 14 KSchG keines Kündigungsgrundes bedarf. Doch nicht nur die Kündigung selbst, sondern auch die maßgebliche Kündigungsfrist spielt bei der Beendigung eines Geschäftsführeranstellungsvertrags eine maßgebliche Rolle. Denn ist das Vertrauensverhältnis einmal zerstört, ist es für die Gesellschaft faktisch kaum möglich, den Fremdgeschäftsführer weiterhin in seinem Amt und in seiner Eigenschaft zu belassen. In der Folge zeigt sich in der Praxis, dass gekündigte Geschäftsführer zumeist abberufen und für den Ablauf der Kündigungsfrist freigestellt werden. Dies kann für die Gesellschaft je nach Dauer der Kündigungsfrist mit nicht unerheblichen Kosten verbunden sein. Nach einer neuen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 11. Juni 2020 (2 AZR 374/19) gelten für Fremdgeschäftsführer indes „nur" die kürzeren Kündigungsfristen des § 621 BGB, sofern im Anstellungsvertrag nichts Abweichendes geregelt ist.

II. Die Entscheidung

In dem vom BAG zu entscheidenden Fall hatte eine Fremdgeschäftsführerin eine gegen sie ausgesprochene Kündigung ihres Anstellungsvertrages angegriffen. Gemäß dem Anstellungsvertrag erhielt die Klägerin ein Jahresgrundentgelt, welches in 12-monatlichen Raten gezahlt wurde. Eine gesonderte vertragliche Regelung zur Kündigungsfrist enthielt der Vertrag nicht. Vielmehr wurde darin lediglich die gesetzliche Kündigungsfrist in Bezug genommen. Nach diversen Meinungsverschiedenheiten entschloss sich die Gesellschafterversammlung, die Klägerin im Februar 2018 zum nächstmöglichen Zeitpunkt, was ihrer Ansicht nach der 31. Mai 2018 war, ordentlich zu kündigen. Die Klägerin wandte sich gegen diese Kündigung unter anderem mit dem Einwand, der Kündigungstermin könne allenfalls aufgrund ihrer langen Betriebszugehörigkeit der 31. August 2018 sein. Hierbei berief sie sich auf die in § 622 Abs. 2 BGB geregelten Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen, die im Fall der Klägerin sechs Monate betragen hätte.

Das BAG ist dieser Ansicht der Klägerin nicht gefolgt. Bei dem Anstellungsverhältnis eines Fremdgeschäftsführers handele es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis, da eine Weisungsgebundenheit des GmbH-Geschäftsführers, die so stark sei, dass sie auf einen Status als Arbeitnehmer schließen lasse, nur in extremen Ausnahmefällen in Betracht komme. Ein solcher läge hier nicht vor. Die Regelung der Kündigungsfristen in § 622 BGB beziehe sich jedoch nur auf Arbeitsverhältnisse und nicht auf das, der Anstellung eines Geschäftsführers zugrunde liegende, freie Dienstverhältnis. Dessen Kündigungsfristen seien in § 621 BGB geregelt. Es bestehe daher keine planwidrige Regelungslücke, die eine analoge Anwendung der gesetzlichen Kündigungsfristen für Arbeitsverhältnisse erforderlich mache. Dem stehe nicht entgegen, dass der Bundesgerichtshof (BGH) in seiner Rechtsprechung zu § 622 Abs. 1 S. 1 BGB in der bis zum 14. Oktober 1993 geltenden Fassung eine analoge Anwendung der Kündigungsfristen bei Arbeitsverhältnissen auch bei Fremdgeschäftsführern angenommen habe. Diese Vorschrift sei durch den Gesetzgeber maßgeblich – insbesondere im Hinblick auf die Anbindung der Kündigungsfristenregelung an Arbeitsverhältnisse – geändert worden, sodass die BGH-Rechtsprechung für die neue Fassung der Vorschrift nicht einschlägig sei.

Im Ergebnis wendet das BAG somit auf die Kündigung des Fremdgeschäftsführers die Fristenregelung des § 621 BGB an. Diese Regelung orientiert sich allein an den Zeitintervallen für die eine Vergütung bemessen ist, unabhängig von Auszahlungsmodus und Fälligkeit. Die Betriebszugehörigkeit, die bei der Bemessung der Kündigungsfrist von Arbeitsverhältnissen maßgeblich ist, spielt demgegenüber keine Rolle. Da in dem vorliegenden Fall eine Jahresvergütung vereinbart war, betrug die Kündigungsfrist nach den Feststellungen des BAG sechs Wochen zum Ende eines Kalendervierteljahres und damit die längste in § 621 BGB geregelte Zeitspanne. Dass das Jahresgehalt in zwölf monatlichen Raten zu zahlen war, war nach Ansicht des Zweitens Senats hierbei für die Länge der Kündigungsfrist ohne Bedeutung.

III. Hinweise für die Praxis

Die Entscheidung des BAG ist sehr zu begrüßen. Schließlich hat sich schon vor der Entscheidung des BAG stets die Frage gestellt, wieso es einer analogen Anwendung von § 622 Abs. 2 BGB bedarf, wenn das Gesetz mit § 621 BGB eine eigene Regelung für Dienstverträge beinhaltet. Für den Abschluss der Anstellungsverträge mit Fremdgeschäftsführern eröffnet sie jedenfalls neue Gestaltungsmöglichkeiten. Nach der Regelung des § 621 BGB ist die Kündigungsfrist umso kürzer, je geringer die Zeitspanne ist, für die die Vergütung bemessen ist. Ist die Vergütung beispielsweise nach Monaten bemessen, kann das zugrunde liegende Dienstverhältnis spätestens am 15. eines Monats zum Ende des Kalendermonats gekündigt werden. Wurde eine Tagesvergütung vereinbart, ist eine Kündigung sogar an jedem Tag für den Ablauf des folgenden Tages möglich. Dies entspricht rein faktisch einer gesetzlichen, ohne Kündigungsgrund zulässigen fristlosen Kündigung. Mithin kann durch die Festlegung der Zeitintervalle, für die eine Vergütung gezahlt wird, die gesetzliche Kündigungsfrist mitgestaltet werden. Voraussetzung ist, dass der Vertrag keine eigene Regelung zur Kündigungsfrist trifft und allenfalls auf die Anwendbarkeit der gesetzlichen Kündigungsfristen verweist. Für die Gesellschaft hat dies zur Folge, dass sie sich zeitlich flexibel und ohne das Risiko erheblicher Entgeltfortzahlungsansprüche bei einer etwaig erforderlichen Freistellung von einem Geschäftsführer trennen kann. Für den Fremdgeschäftsführer wiederum birgt die Entscheidung des BAG das Risiko eines jederzeit möglichen ad hoc Verlustes seiner Anstellung. Allein der Hinweis auf die gesetzlichen Kündigungsfristen genügt insoweit nicht mehr für eine ausreichende Absicherung. Da sich überlegte Geschäftsführer auf ein solches Risiko im Zweifel nicht einlassen, werden die meisten Geschäftsführeranstellungsverträge denn auch in Zukunft die üblichen Kündigungsfristen von drei oder sechs Monaten beinhalten.

Zu beachten ist schließlich, dass die Entscheidung auch Auswirkungen auf die üblichen Koppelungsklauseln hat, wonach die Abberufung eines Geschäftsführers zugleich als ordentliche Kündigung des Geschäftsführeranstellungsverhältnisses gilt. Für die Wirksamkeit solcher Klauseln ist Voraussetzung, dass dem Geschäftsführer hierdurch nicht der Schutz der gesetzlichen Kündigungsfristen entzogen werden darf. Auch dieses Schutzniveau ist durch die Entscheidung des BAG gesunken und ermöglicht eine flexiblere vertragliche Gestaltung.

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